Kono Sekai no Katasumi ni ist ein Anime von Studio Mappa, welcher 2016 erschien. Die deutsche Version wird von Leonine Anime lizenziert und zu In This Corner of the World umbenannt. Der Film kann im Handel erworben werden. Dieser Anime wird hauptsächlich als Drama, Alltagsleben und Romanze weiterempfohlen.
Handlung:
Suzu Urano, ein 18 – jähriges Mädchen mit viel Fantasie und großem Zeichentalent, wächst wohlbehütet in Hiroshima auf. Wann immer sie kann, schnappt sie sich Stift und Papier, um die Welt da draußen zu zeichnen. Aufgrund ihrer tollpatschigen und oftmals in Gedanken versunkenen Art hätte niemand erwartet, dass sie jemals die perfekte Ehefrau abgeben würde. Schließlich zieht Suzu im heiratsfähigen Alter nach Kure, um dort mit ihrem künftigen Ehemann Shusaku Houjou und dessen Familie zusammenzuleben.
Die beiden leben ein einfaches und anständiges Leben, bis die Stadt ein Jahr später von Bombenanschlägen und Lebensmittelknappheit erschüttert wird. Die junge Frau ist fest entschlossen, sich von alltäglicher Gefahren und knapper werdenden Lebensmitteln nicht die Lust am Leben nehmen zu lassen. Wie gelingt es Suzu ihr Lächeln zu bewahren? Was für Auswirkungen wird der Krieg für Japan haben? Ist Suzus Familie noch am Leben?
Synchronsprecher der deutschen Version:
Suzu Urano = Luisa Wietzorek
Shuusaku Houjou = Tobias Nath
Keiko Kuromura = Rubina Nath
Harumi Kuromura = Nina Schatton
San Houjou = Denise Gorzelanny
Entarou Houjou = Hans Hohlbein
Tetsu Mizuhara = Daniel Schütter
Sumi Urano = Lina Rabea Mohr
Rin Shiraki = Jessica Walther-Gabory
Kiseno Urano = Andrea Aust
Juurou Urano = Peter Flechtner
Youichi Urano = Patrick Keller
Ito Morita = Luise Lunow
Tante Kobayashi = Traudel Sperber
Doumoto = Eva Maria Werth
Chita = Nadine Heidenreich
Kariya = Sabine Walkenbach
Marina = Ulrike Lau
Ricchan = Nayeli Rathod
Junge = David Kunze
Fischer = Walter Alich
Suzus Lehrer = Marc Bluhm
Militärpolizei A = Andreas Conrad
Militärpolizei B = Imme Aldag
Frau im Kimono A = Jelena Baack
Frau im Kimono B = Greta Galisch
Frau im Kimono C = Velia Krause
Suzu Houjou (älter) = Luisa Wietzorek
Shuusaku Houjou (älter) = Tobias Nath
Sumi (Kind) = Clara Meinecke
Mein Fazit:
In This Corner of the World ist ein Kriegsfilm aus der Sicht derer, die nicht an forderster Front kämpfen, sondern zu Hause die Stellung halten. Wir verfolgen die Handlungen aus Sicht der Kinder, der alten und untauglichen Männer, aber doch in erster Linie aus der Sicht der Frauen. Katabuchi gewährt den Zuschauern nicht nur einen intimen Einblick in eine längst vergangene Epoche, sondern in ein komplexes soziales Gefüge voller Höflichkeitsnormen und unausgesprochener Regeln, die für ein westliches Publikum manchmal nur schwer zu verstehen sind. Es ist ein Animationsfilm mit Herz und Verstand, der sein schweres Thema für ein junges wie ein altes Publikum leichtfüßig, aber nie leichtfertig erzählt.
Über das alltägliche Leben in Japan vor dem zweiten Weltkrieg wurde gut recherchiert. Das gilt für den Einsatz bestimmter Lieder, Radiodurchsagen, sowie militärische und bürgerliche Verhaltensweisen am Rand der Geschichte. Die nationalen Durchhalteparolen und das Betonen des eigenen Glücks, wenn man überlebt hat, wird in einer schönen Sequenz von Suzu hinterfragt. Was bedeutet schon Glück in diesen Zeiten? Schon lange sorgt die Anime-Adaption für Aufsehen und gewinnt seit 2016 laufend Auszeichnungen. Grund für den Erfolg ist unter anderem auch die detailgetreue Nachbildung der japanischen Kultur vor dem Zweiten Weltkrieg. Dieser Film ist viel informativer, als ich anfangs erwartet hätte.
Die Einblendungen der Jahreszahlen und Daten helfen nicht nur bei der Orientierung, sondern erinnern mich verrückterweise auch an einen Countdown. Im Jahr 1935 beginnt die Geschichte von Suzu, die mit ihrer Familie in Hiroshima lebt. In dieser Zeit sind es die stillen Beobachtungen und ruhigen Szenen, die diesen wunderschön gezeichneten Anime über seine Laufzeit von etwas mehr als zwei Stunden prägen. In Windeseile springt der Film danach bis in die frühen 1940er-Jahre. Je näher der August 1945 rückt, desto bedrohlicher wird die Lage. In this Corner of the World hat es nicht darauf abgesehen, Mitleid zu erwecken oder die Zuschauer zu schockieren. Eher nüchtern schildert er, wie schwierig das Leben zu Kriegszeiten war – und feiert jene, die sich davon nicht unterkriegen haben lassen und sich vor allem eines bewahrt haben: ihre Menschlichkeit und Mitgefühl. Er möchte lediglich auf die Umstände der einfachen Bevölkerung hinweisen.
Der einzige Kritikpunkt, welcher mir sofort einfällt, ist der streckenweise etwas zu hektische Ablauf der Geschichte. Der Verlauf der Tage wird manchmal zu einer Montage aus Tagen, die so schnell von einem zum nächsten springen, dass es manchmal schwer fällt dem Gesehenen zu folgen. Das nimmt dem Film zwar nichts von seiner emotionalen Wirkung, hätte sich mit ein paar Minuten mehr Laufzeit aber sicher besser lösen lassen. Die Story beginnt ruhig und freundlich – besitzt sogar witzige Interaktionen, die aus dem Zusammenspiel der schusseligen und verträumten Suzu und deren Mitmenschen resultieren. Der Humor ist sympathisch, leicht und einfach. Ein schöner Kontrast zu dem Krieg, welcher im Hintergrund abläuft.
Allerdings bekommt der Zuschauer im Verlauf der Geschichte zunehmend ein mulmiges und bedrückendes Gefühl, da die Charaktere mit dramatischen und tragischen Kriegsereignissen konfrontiert werden. Der Zuschauer erhält Einblicke, wie die Menschen mit der damaligen Kriegssituation umgegangen sind. Im späteren Verlauf des Krieges kommen auch schockierende Bilder ans Tageslicht, die für sehr ergreifende Momente sorgen. Das verträumte, immer etwas abwesend wirkende Mädchen, wird fortan mit Menschen zusammenleben müssen, die ihr nicht alle freundlich gestimmt sind. Sie muss lernen die neue Familie zu versorgen trotz unglaublicher Lebensmittelknappheit, erleidet schwere Verluste und muss in ständiger Angst vor Fliegerangriffen leben.
Allein daran erkennt man, dass es sich hierbei um keinen Kinderfilm handelt. Selbst wenn der Regisseur es sich nicht nehmen lässt, ein paar leichtere, ja fast kindliche Momente in seinen Film einzubauen – wobei dies in Form seiner fantasievollen Hauptfigur Suzu passiert, denn diese geht mit einem unbeschwerten Gemüt durchs Leben. Mehrere Schicksalsschläge setzen ihr zwar schwer zu, lassen sie aber jedoch nie wirklich den Glauben an das Gute verlieren.
Warum können Menschen nicht einfach das machen, was sie glücklich macht? Diese Frage stellt sich Suzu und der Zuschauer bestimmt mehrfach im Film. Nach einer ausdrucksstarken Aussage wie „Wäre ich doch nur als Träumerin gestorben!“ nimmt der Film erst richtig Fahrt auf und wechselt von der poetisch verträumten Erzählweise hin zu den schrecklichen Tatsachen, die sich dem Zuschauer in den Kopf brennen werden. Egal ob Schlachtschiffe, Bombardements oder gar ein ganzer Flächenbrand: Eine moralische Schwere ist dabei deutlich zu spüren, obwohl Katabuchi es vermeidet den Zuschauer mit Direktheit zu konfrontieren. Trotz der Tatsache, dass der Krieg erste Spuren im Land hinterlässt, ist es ausgerechnet Suzu, die ihren Mitmenschen immer und immer wieder ein Lächeln zaubert.
Das Träumen im Film verfolgt mehrere Funktionen. Hier und da lässt sich der Film komplett in ihre Wahrnehmung der Welt fallen, sodass man sich nie ganz sicher ist, ob man gerade träumt oder wach ist. Die Flucht in eine andere Welt ist definitiv ihre Rettung gewesen. Wenn sich Suzu in ihre Welt der Zeichnungen flüchtet, lösen sich die festen Grenzen der animierten Bilder auf und wechseln von einem realistischen zu einem abstrakten Stil. In einer solchen Zeit den Willen zu Leben und zu Lieben zu haben, ist der absolute Wahnsinn. Leider kam die Romanze zwischen Suzu und Shuusaku etwas zu kurz. Der Anime lässt sich viel Zeit, um die Charakteren angemessen einzuführen und der Geschichte eine gewisse Tiefe zu verleihen.
Dieser Film benötigt anfangs etwas mehr Geduld, da gerade der sprunghafte wie träumerische Erzählstil für kleinere Längen in der ersten Hälfte sorgt. Erst am Ende laufen schließlich alle Fäden zusammen. Die langsame und oft episodisch wirkende Erzählweise ist sicher nicht jedermanns Sache. Doch je mehr dieser Momente aufkommen, umso größer wird die Verbundenheit zu Suzu und ihrem Umfeld. Umso härter ist dann die Umstellung, wenn das Drama plötzlich beginnt und fließend in den Horrormodus wechselt.
Ein großer Pluspunkt der Story ist das Porträtieren der Haupt- und Nebenfiguren. Es gibt wirklich keinen Nebencharakter, dessen Schicksal nicht in irgendeiner Form zum Ausdruck gebracht wurde, wodurch sich der Zuschauer in dessen Lage versetzen und gewisse Reaktionen besser verstehen kann. Weitaus beeindruckender empfand ich die Höhen und Tiefen, die Suzu durchleben musste. Ihr Lebenslauf beginnt mit dem kleinen sorglosen Mädchen, schreitet voran mit der Hochzeit eines ihr zunächst noch fremden Mannes und dem Zusammenleben mit dessen Familie. Dem Zuschauer dürfte es aus diesen Gründen sehr gut gelingen mit dem authentischen Mädchen von Anfang an mitzufiebern.
Der Film bietet eine künstlerische und historische Genauigkeit, zeitgemäße Botschaften sowie thematische Tiefe, welche mich nachdenklich stimmen und nicht vergessen lassen. Ein Film, der mich auf eine emotionale Reise mitnimmt und mir provokant die problematischen Zeiten der Geschichte aufzeigt. Tatsächlich vertrete ich selbst eine Anti-Krieg-Einstellung und wünsche mir nichts sehnlicher als das die Menschen verstehen lernen, dass Kriege niemals zu etwas führen werden. Der Schrecken des Krieges bleibt immer gleich! Wer weiter selbiges gutheißt oder irrsinnig Tod und Feuer fordert, produziert immer wieder Geschichten wie die von Suzu und all ihren Bekanntschaften. Das am Ende dennoch die Hoffnung siegt, ist logisch gesehen die einzige Konsequenz. Selbst nach einem verehrenden Feuer muss es immer eine Chance auf Heilung geben.
Mir wurde durch den Film erst wieder bewusst, wie verdammt gut wir es heutzutage haben! Somit kann ich was Story, Setting und Charakter-Darstellung angeht, den Film nur in den höchsten Tönen loben. Studio MAPPA ist es mit der Animation und einem passenden Soundtrack ebenfalls gelungen, die unterschiedlichen emotionalen Stimmungen der Geschichte passend einzufangen. Am Anfang des Films denkt man sich noch, man sei bei einem typischen japanischen Kinder Anime gelandet.
Die Zeichnungen sind leicht, bunt und unschuldig, ja sogar naiv. Doch mit Suzu scheinen auch die Animationen zu wachsen, sie werden ernster und deutlicher, verlieren aber nicht an Farben oder Qualität. Der Film driftet immer wieder für kurze Momente in abstrakte Bilder ab, die versuchen uns Suzus Wesen verständlicher zu machen. Das ist ziemlich mutig und ungewöhnlich, funktioniert aber sehr gut, wenn man sich darauf einlassen kann. Für die gesamte Darstellung hat man einen sehr eigenen Weg gewählt.
Alle Hintergründe und Charaktere wurden sehr einfach gehalten und wirken, wie auch die Animationen, geradezu altmodisch. Dies sollte man aber nicht mit billig produziert Werken verwechseln, denn wer genau hinsieht, der kann sehr wohl erkennen, wie aufwendig die Animationen sind. Diese Methode ermöglicht den Zuschauer, dass sie sich in eine längst vergangene Zeit entführen lassen können. Mit den aufkommenden Gedanken verdunkeln sich ebenfalls die Bilder. Man kann die drückende Angst in den Luftschutzbunkern fast spüren und erzittert jedes Mal beim Fallen der Bomben. Ab und an fällt es mir schwer ein Lächeln zurück zu halten, wenn ich sehe, wie Suzu versucht die dunklen Gedanken und Bildern zu verdrängen.
Regisseur Sunao Katabuchi lässt die Städte Hiroshima und Kure, welche vom Krieg vollständig zerstört wurden, originalgetreu wiederaufleben. Durch sorgfältige Recherche seiner Filmcrew, die sich auf alte Fotos, Dokumente und Erinnerungen Überlebender stützt, erweckt Katabuchi das völlig zerstörte Stadtbild des alten Hiroshima zu neuem Leben und entführt die Zuschauer auf eine fantasievolle und dramatische Reise in die Vergangenheit. Man erhält genau recherchierte Panoramen sowie detaillierte Einblicke in Mode, Sitten und Bräuchen des japanischen Kaiserreichs.
Die deutsche Synchronisation überzeugt mich auf ganzer Linie. Sie ist einfach stimmig, überzeugend und schafft es den Zuschauer problemlos zu fesseln. Passend zu Suzus sanften Charakter wurde Luisa Wietzorek als deutsche Stimme gewählt. Ihr gelingt hervorragend, Suzus unterschiedliche Gefühlslagen darzustellen. Gerade in den tragischen Ereignissen der letzten Filmhälfte spielt Wietzorek ihre Rolle sehr authentisch. Alle weiteren Sprecher sind ebenfalls passend gewählt und bringen genügend Ausdruck und Emotionen in dieses bildgewaltige Drama.
Beim ersten Mal schauen fällt mir der Soundtrack kaum auf, denn die Musik wird immer dezent und passend gewählt. Die Szenen werden wunderbar untermalt und geben ein stimmiges Gesamtbild ab. Der Ton ist weitestgehend unspektakulär, lässt aber die Kriegsszenen dafür sehr räumlich, direktional und aggressiv klingen. Für History- und Drama-Liebhaber eine absolute Filmempfehlung – haltet die Taschentücher bereit!
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