Kaze Tachinu ist ein Anime von Studio Ghibli, welcher 2013 erschien. Die deutsche Version wird von Leonine Anime, Frenetic Films AG und Netflix lizenziert und zu Wie der Wind sich hebt umbenannt. Der Film kann im Handel erworben werden. Dieser Anime wird hauptsächlich als Drama, Alltagsleben und Romanze weiterempfohlen.
Handlung:
Schon seit Menschengedenken ist es unser Wunsch durch die Luft zu segeln und frei wie ein Kolibri, ohne Sorgen, umher zu fliegen. Dieser Wunsch begleitet auch den jungen Jiro seit seiner frühesten Kindheit. Durch seine Kurzsichtigkeit ist es ihm verwehrt Pilot zu werden und so widmet er sich der Konstruktion von Flugzeugen. Wie Giovanni Caproni, der Ingenieursmeister aus Italien, ihm in seinen Träumen immer sagt:“ Man muss nicht fliegen können, um ein Flugzeug zu konstruieren.“
Jahre später hat er die Hochschule mit Auszeichnung abgeschlossen und befindet sich auf dem Weg nach Tokio, um seine erste Arbeitsstelle anzutreten. Doch auf der Reise nach Tokio gerät er in das katastrophale Erdbeben des Jahres 1923, welches fast die ganze Stadt zerstört. Er überlebt und kann sogar die junge Nahoko Satomi und ihre verletzte Begleiterin aus dem Zugwagen retten – er wird ihr erst Jahre später wieder begegnen. Jiro verblüfft auf Anhieb alle durch sein Talent und kann selbst Sympathien bei seinem mürrischen Mentor Kurokawa gewinnen. Dieser schickt ihn auch für eine Dienstreise mit einer japanischen Delegation zu den deutschen Junkerswerken nach Dessau, um ihn dort den Stand des Flugzeugbaus begutachten zu lassen.
Schon bald entpuppt Jiro sich als überaus talentierter Freidenker, der maßgeblich an der Entwicklung jener Flugzeuge beteiligt war, die letztendlich eine gewaltige Katastrophe über Japan hereinbrechen lassen. Immer wieder wird seine Berufung auf eine harte Probe gestellt, denn Japan steuert auf einen Krieg zu. Als Naokos Zustand sich verschlimmert, muss er sich entscheiden, ob er weiter seinen Traum verfolgt oder er seiner großen Liebe zur Seite steht. Wie weit sollte man gehen, um seinen Lebenstraum zu erfüllen? Was ist man bereit zu opfern? Was ist mit Nahoko?
Synchronsprecher der deutschen Version:
Jirou Horikoshi = Tim Knauer
Nahoko Satomi = Kaya Marie Möller
Kirou Honjou = Till Endemann
Kurokawa = Lutz Schnell
Castorp = Reinhard Kuhnert
Satomi = Uwe Büschken
Jirous Mutter = Marion Musiol
Kayo Horikoshi = Sarah Alles
Hattori = Frank-Otto Schenk
Kurokawas Frau = Juana von Jascheroff
Giovanni Caproni = Marcus Off
Kinu = Andrea Aust
Katayama = Bastian Sierich
Kubo = Benjamin Stöwe
Jirou Horikoshi (jung) = David Weyl
Nahoko Satomi (jung) = Kaya Marie Möller
Kayo Horikoshi = Sarah Alles
Mein Fazit:
Mit Fantasyfilmen wie Prinzessin Mononoke und Chihiros Reise ins Zauberland gelangte Miyazaki zu Weltruhm und brachte den Anime in die Westliche Welt. Dass Hayao Miyazaki zu den ganz Großen im Animations-Business gehört, ist unbestritten – schließlich hat der Studio Ghibli-Veteran im Laufe seiner Karriere die Herzen unzähliger Animations-Fans mit seinen fantasievollen Kreationen erobert. Umso bedauerlicher, dass sich der 81-jährige Miyazaki nun endgültig mit Wie der Wind sich hebt in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden möchte.
Dass er sich mit einem imposanten, melancholischen Kunstwerk mit politischem Anspruch verabschiedet, unterstreicht einmal mehr was für eine Leitfigur Miyazaki für den Animationsfilm ist – und es auch lange nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn bleiben wird. Dass sich Miyazaki mit seinem Film die Lebensgeschichte des legendären japanischen Flugzeug-Konstrukteurs Jiro Horikoshi und dem Schriftsteller Tatsuo Hori vorgenommen hat, ist für Fans des Filmemachers jedenfalls keine Überraschung, denn Miyazaki ist ein großer Flugzeug-Liebhaber. Dass eine Animations-Umsetzung einer Biografie keine einfache Aufgabe ist, versteht sich jedenfalls von selbst – doch Miyazaki meistert die schwierige Aufgabe mit einem guten Gespür für die wahre Story und deren feinfühligen Interpretation.
Leider hat dies zur Folge, dass sich Miyazaki einiges an Kritik gefallen lassen muss, denn die Hauptfigur des Films mag zwar ein von seiner Leidenschaft getriebener Idealist sein, aber die Auswirkungen seines Handelns werden nur am Rande thematisiert – was von Miyazaki sicher so gewollt ist, dem Film aber einen etwas ambivalenten Touch verleiht. Dieser Film beweist, dass sich Zeichentrickfilme nicht ausschließlich an ein jugendliches Publikum richten muss, denn dafür ist der Inhalt des Films zu erwachsen. Trotz all der Realitätsnähe handelt es sich bei diesem Anime weder um einen typischen Antikriegsfilm, noch um ein detailliertes Biopic.
Die Traumsequenzen verdeutlichen dies zusätzlich, da Jiro Horikoshis Träumereien, Erfolge und nicht zuletzt seine Liebe zu Nahoko mehr im Mittelpunkt steht als die historischen Auswirkungen seiner Arbeit. Vermutlich stellen sich viele die Frage: Wie viel Mitschuld trägt die Wissenschaft, wenn sie zu militärischen Zwecken missbraucht wird? Diese Frage kann jeder Zuschauer sich selbst beantworten, wenn er überhaupt bereits ist, sich ihr zu stellen. Der politischen Rechten war der Film zu pazifistisch, der Linken zu kriegsverherrlichend. In Wahrheit ist er jedoch keines von beidem, zumindest nicht für ein westliches Publikum, dem der Bezug zur japanischen Historie fehlt.
Die Rezeption des Filmes ist ein weiteres Indiz dafür, wie schwierig in Japan nach wie vor der Umgang mit der eigenen Kriegsgeschichte ist. Gefangen zwischen den unaussprechlichen Dramen von Nagasaki und Hiroshima und der Kollaboration mit den Nazis, die Horikoshi im Film bei einer Reise ins Vorkriegs-Deutschland als holzschnittartige Karikaturen im kopfsteingepflasterten Dessau begegnen. Eine Verklärung der japanischen Kriegsgeschichte kann man ihm deshalb beim besten Willen nicht vorwerfen. Die Botschaft, welche man dem Zuschauer vermitteln, ist klar: Lebe deinen Traum, selbst wenn Stürme aufziehen.
Ab und zu ist mir die Handlung tatsächlich zu sprunghaft, da der Film eine Zeit von über mehreren Jahrzehnten in zwei Stunden packt. Man hat gelegentlich Schwierigkeiten dem Film richtig zu folgen. Im weiteren Verlauf wird Jiros Traumwelt immer wieder mit der harten Realität konfrontieren. Er träumt immer wieder von Luftfahrzeugen, die plötzlich in Flammen aufgehen oder Tod und Zerstörung vom Himmel regnen lassen. Das große Erdbeben von 1923 wirkt wie ein tiefer Seufzer der Kanto-Region als Reaktion auf soziales Elend und Armut, Wirtschaftskrise und den bevorstehenden Krieg. Flugzeuge keuchen und spucken, Motoren atmen, der Wind heult. Miyazaki verzichtet in diesem Film völlig auf Geisterwesen und schafft ein zartes und einfühlsames Portrait einer Zeit des Um- und Aufbruchs – mit garantiert bitterem Ausgang.
Was er allerdings nicht ahnt: seine Neuerungen, Erfindungen und Bahnbrechenden Ideen werden letztendlich zur Konstruktion der Mitsubishi A6M »Zero« führen, mit welcher die Kamikaze-Angriffe auf Pearl Harbor geflogen wurden, was letztendlich den Atombombenangriff auf Hiroshima und Nagasaki provozierte. Die innere Zerrissenheit Jiros durchzieht die gesamt Erzählung. Selbst ohne Flugzeugwissen oder -interesse spürt man die fiebrige Begeisterung Jiros. Wenn sich schließlich Jiros Zero elegant in die Lüfte hebt, wird dies auch dem pazifistischsten Maschinenhasser ein Lächeln auf die Lippen zaubern.
Jiro selbst ist keineswegs politisch. Er will nicht vordergründig die Welt verbessern, sondern einfach nur gute Flugzeuge bauen. In seinen Gesprächen mit diesem imaginären Mentor enthüllt der Film die Kernfrage seiner Geschichte: Wenn der Ausdruck des eigenen Talents von einem destruktiven System abhängt, wie kann ein Künstler sein volles Potenzial ausschöpfen und seinen Leidenschaften treu bleiben?
Diesem Film fehlen leider größtenteils die Sympathieträger. Der Hauptcharakter weist einiges an Egoismus bei der Verfolgung seines Traums auf. Zum einen scheinen ihm die Folgen seines Tuns des Entwickelns einer Waffe zwar bewusst zu sein, doch blendet er diese aus. Seine Liebe zu Naoko steht unter keinem guten Stern, da die Besessenheit für die Forschung den Ingenieur immer weiter weg von seiner kranken Frau treibt. Am Ende bleibt ihm nur die einsame Flucht in seinen Traum vom Fliegen. Diese Analogie mag ein wenig plump wirken, ist aber die logische Konsequenz der Erzählweise einer persönlichen Lebensgeschichte mit welthistorischen Ausmaßen.
Letztlich ist der Film meiner Meinung nach zu lang und die Handlung zu langsam. Die leichtfüßige Liebesgeschichte am Ende ist an sich schön herzzerreißend, passt aber für meinen Geschmack nicht zum vorherigen 2/3 des Films, auch wenn das Ende zum Interpretieren einlädt. Der Film könnte viele Zuschauer enttäuschen, da die Erwartungen an das Studio Ghibli und insbesondere Hayao Miyazaki nicht erfüllt werden. Dieses Mal gibt es keinen sympathischen Film voller Fantasie, welcher auf mehreren Ebenen funktioniert und so Zuschauer aller Altersklassen begeistern kann.
Wie der Wind sich hebt zeigt sich vielschichtig in der Behandlung von Gebieten wie Krieg, Karriere und Lebensträumen, sodass man am Ende sehr nachdenklich zurückgelassen wird. Alles in Allem also ein Film, den man als Ghibli-Fan gut genießen kann, wenn man nicht zur ungeduldigen Sorte gehört oder auf Action, Fantasy und Abenteuer aus ist. Ein erwachsener Film für ein erwachsenes Publikum. Egal wie sehr man von Wie der Wind sich hebt berührt sein mag, es steht außer Frage, dass die Oscar-Nomination als bester Animationsfilm verdient war.
Wie alle Miyazaki-Filme besticht auch dieser durch seine nahezu perfekten Zeichnungen, die noch ganz im traditionellen Stil designt und klassisch gezeichnet wurden. Über 120.000 Bilder wurden für diesen Film von Hand angefertigt. Jeder einzelne Strich ist messerscharf und sitzt genau dort, wo er sitzen soll. Strukturen im Holz, winzige Kleinigkeiten – hier ist alles makellos zu erkennen. Dabei fällt die Detailverliebtheit der einzelnen Zeichnungen mehr auf, je größer die Bilddiagonale wird. Die Farben sind von absoluter und strahlender Brillanz und werden satt und natürlich wiedergegeben. Der Kontrast ist astrein eingestellt und könnte kaum besser sein. Das Design des Films ist, wie bei all seinen Filmen, unglaublich schön und nostalgisch. Miyazaki entführt die Zuschauer hoch in die Lüfte und zeichnet spektakuläre Schwenks über Wiesen und Blumenmeere. Doch wird es nicht so ruhig und friedlich bleiben. Bei der bildgewaltig in Szene gesetzten Katastrophe stehen große Teile der Stadt in Flammen. Überall herrscht Chaos und Verwüstung und erinnert an Bilder aus Hiroshima und Nagasaki.
In diesem Werk muss ich sagen, gefällt mir die deutsche Synchronisation besser als die japanische originale Tonspur. Der Publisher liefert durchweg gute Synchronisationen, die zu den Charakteren passen. So gibt es auch bei diesen Film nichts auszusetzen. Die Dialoge bleiben dabei stets natürlich und einwandfrei verständlich.
Beim Ton hat sich Anime-Legende Hayao Miyazaki nicht nur bewusst für eine Mono-Abmischung entschieden, sondern setzt bei den Geräuschen, u.a. bei allen Motoren-Geräuschen, Explosionen oder dem Dröhnen des fürchterlichen Erdbebens von 1923, auf nicht-künstliche Sound-Effekte.Diese werden komplett von der menschlichen Stimme erzeugt und hören sich dementsprechend etwas ungewöhnlich, aber nicht unrealistisch an.
Die zauberhafte Musik von Ghiblis Standardkomponisten Joe Hisaishi wird eher zurückhaltend eingesetzt, wodurch sie jedoch für noch mehr Gänsehaut sorgt. Die musikalische Untermalung entfaltet Wohlklang, der seinesgleichen sucht. Miyazaki-Filme sind immer ein Fest!
Wer sich auf einige problematischer historischer Bezüge einlassen kann, wird die intime Reife dieses sehr persönlichen Films erkennen.
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