Mimi o Sumaseba ist ein Anime von Studio Ghibli, welcher 1995 erschien. Die deutsche Version wird von Leonine Anime und Netflix lizenziert und zu Stimme des Herzens – Whisper of the Heart umbenannt. Der Film kann im Handel erworben werden. Dieser Anime wird hauptsächlich als Alltagsdrama und Romanze weiterempfohlen.
Handlung:
Die 14-jährige Shizuku Tsukishima ist ein echter Bücherwurm und leiht sich in der städtischen Bibliothek ein Buch nach dem anderen aus. Sie ist sichtlich verwundert, als ihr bewusst wird, dass ein Mitschüler namens Seiji Amasawa jedes Buch vor ihr ausgeliehen und gelesen hat. Es scheint, als teilte dieser Unbekannte ihren Büchergeschmack. Richtig außergewöhnlich wird es jedoch erst, als Shizuku auf dem Weg zu ihrem Vater eine Katze trifft, die ganz allein im Zug mitfährt. Das Haustier muss offenbar in die gleiche Richtung wie Shizuku, denn es steigt bei derselben Bahnstation aus.
Shizuku kann nicht anders, als der Samtpfote zu folgen. Diese führt sie zu einem Antiquitätenladen, dessen Ausstellungsstücke sie faszinieren. Als sie im Begriff ist, wieder zu gehen, trifft sie auf einen Jungen aus ihrer Schule namens Seiji Amasawas – eben jener Junge, der bekanntermaßen denselben Buchgeschmack wie die lesefreudige Shizuku hat. Zudem entpuppt er sich als Enkelsohn des Ladenbesitzers Shiro Nishi und als Mitschüler, der sie schon öfters aufgezogen hat. Wie kann es bloß sein, dass ausgerechnet er derjenige ist, der die gleichen Bücher liest wie sie?
Dem gemeinsamen Glück von Seiji und Shizuku steht einiges im Weg, da Seiji ein berühmter Geigenbauer werden möchte. Mit seinen Plänen stürzt er Shizuku in eine persönliche Krise. Sie findet sich in einem Gefühlschaos wieder und sieht sich mit der Frage konfrontiert, was für eine Zukunft sie eigentlich anstrebt… Ist er wirklich ihr Seelenverwandter? Wie endet wohl die Romanze zwischen Shizuku und Seiji? Wird aus Shizuku eine berühmte Schriftstellerin werden?
Synchronsprecher der deutschen Version:
Shizuku Tsukishima = Gabrielle Pietermann
Seiji Amasawa = Max Felder
Shirou Nishi = Erich Ludwig
Sugimura = Johannes Wolko
The Baron = Manou Lubowski
Yuuko Harada = Jaqueline Belle
Yasuya Tsukishima = Gerd Meyer
Asako Tsukishima = Claudia Lössl
Shiho Tsukishima = Maren Rainer
Kinuyo = Katharina Iacobescu
Kousaka-sensei = Inez Günther
Mathelehrer = Christoph Jablonka
Mein Fazit:
Stimme des Herzens – Whisper of the Heart ist ein Film, den ich gerne meinem früheren Ich zeigen würde, um es zu inspirieren und zu motivieren. Dieser Film ist etwas unbekannter als andere Werke des Studios, aber sicherlich genauso sehenswert. Als Erstlingswerk besitzt dieser Film eine künstlerische Wucht, welche uns nur erahnen lässt, welche Filme Kondō noch hervorbringen hätte können. Dass Kondō nach drei Jahre der Veröffentlichung mit nur 48 Jahren verstirbt, bleibt nicht nur eine menschliche, sondern auch eine künstlerische Tragödie.
Gerüchten zufolge hatte er sich mit der Produktion überarbeitet und ist an einem Aneurysma verstorben. Mit seinem Tod bewegte er nicht nur Miyazaki dazu, etwas kürzer zu treten. Dieser ungesunde Leistungswille und Über-Ehrgeiz wird hervorragend durch den Charakter Shizuku widergespiegelt. Ob sich der Regisseur hier ein wenig selbst reflektiert hat? Etwas neues zu erschaffen verlangt wohl große Opfer. Der Tod von Kondō gibt dieser Botschaft einen fast schon unheimlichen Nachdruck. Ich persönlich glaube, er wäre ein würdiger Miyazaki- Nachfolger geworden.
In seiner Story geht es hauptsächlich um die erste Liebe, das Erwachsenwerden, Freundschaften schließen, Träume verwirklichen und die Erkenntnis über die eigenen zukünftigen Pläne. Whispers of the Heart versteht es meisterhaft die kleinen Momente menschlichen Beisamenseins oder Zweifelns in Szene zu setzen. Ob es das gemeinsame Musizieren, ein ruhiger Moment mit einer geliebten Person oder die Angst davor die eigene Kunst zum ersten Mal anderen Menschen zu zeigen und dafür Kritik anzunehmen, ist. Es wird immer darauf geachtet, dass den Charakteren klar gemacht wird, dass man sich nie von seinen Träumen abbringen lassen darf.
Atmosphärisch, realitätsnah und einfühlsam, fast schon poetisch, erzählt der Film die Geschichte der jungen Shizuku, die ihren eigenen Weg finden muss. Mir gefällt besonders gut, wie nachvollziehbar und „echt“ die Figuren handeln und fühlen. Dass ich Shizukus Verhalten so gut nachempfinden konnte, lag vielleicht auch daran, dass dieser Animationsfilm verboten viele Momente hat, die sich 1:1 aus dem echten Leben herausgenommen, anfühlen. Shizukus Neugier und Lebensfreude sind auf jeden Fall spürbar.
Gerade zu Beginn des Films erscheint die Handlung völlig normal und uninteressant, doch im Laufe des Films entwickelt sie sich zu einer wunderschönen Geschichte, die mitten aus dem Leben kommt. Vielleicht befindet ihr euch in einer ähnlichen Situation wie Shizuku und Seiji wieder und müsst euch selbst darüber klar werden, wo eure Stärken und Schwächen liegen und was ihr besonders gut könnt. Manche haben wie Seiji ein klares Ziel vor Augen – doch vielen geht es bestimmt wie Shizuku. Sie fühlen sich in ihren Entscheidungen unsicher und haben starke Selbstzweifel. Mit einer erzählerischen Kraft und einer poetischen Bildersprache wird das Ende der Kindheit und der Beginn der Entscheidungen des Erwachsenwerdens thematisiert. Es ist fast unmöglich sich dem ganzen zu entziehen. Shizuku erlebt ihre erste Liebe und stellt sich gezwungenermaßen ihren schulischen Problemen, den Eltern und ihrer ersten kleinen Identitätskrise. Trotz all dieser Probleme behält der Film jedoch stets einen fröhlichen Grundton bei und verzichtet gänzlich auf unnötige Dramatisierungen.
Einzig in einer kurzen Traumsequenz, in der das Animationsstudio Ghibli erstmals von CGI-Effekten Gebrauch machte, wird die Realitätsebene verlassen und der Fantasie des Mädchens gehuldigt. Die Szenen mit dem Baron wirken sehr fantasievoll und bilden einen spannenden Kontrast zum normalen Alltag der jungen Schülerin. Schön ist, dass weder die angehende Jungautorin Shizuku noch der potentielle Geigenbauer Seiji als Wunderkinder dargestellt werden. Beide ernten von Erwachsenen realistische Rückmeldungen zu ihren handwerklichen Gehversuchen statt purer Euphorie.
Lediglich das Ende wird manchen Leuten vielleicht in seiner plötzlichen Endgültigkeit nicht gefallen, doch Miyazaki selbst meinte, dass „Stimme des Herzens“ am Ende diese Klarheit und Aufrichtigkeit benötigt, um die Entscheidungen der beiden jungen Hauptpersonen zu verdeutlichen. Wenn man so möchte, geht es hier nicht nur um eine Stimme, sondern auch um eine Stille des Herzens, die immer wieder Gefahr läuft, im Kontext ihrer Umwelt unterzugehen.
Die realistisch gehaltenen Hintergrundzeichnungen beeindrucken durch ihren Detailreichtum und tragen zur poetischen Stimmung der Geschichte bei. In den liebevoll gezeichneten Szenarien gibt es immer wieder neues zu entdecken und die Ansichten der Stadt oder des Antiquitätenladens erreichen beinahe Fotoqualität. In „Stimme des Herzens“ sind mit sogar ein paar Querverweise zu anderen Ghibli-Filmen aufgefallen. Der Baron sowie der dicke Kater Muta tauchen sieben Jahre später im Film Das Königreich der Katzen wieder auf und erzählen die Geschichte der jungen Autorin. Der bekannte Zeichenstil fasziniert und beeindruckt mich immer wieder aufs neue.
Die Synchronsprecher wurden passend ausgewählt und bieten eine facettenreiche Darstellung ihrer Arbeit. Der Sound ist gut abgemischt und die Gespräche wirken sauber.
Die akustische Seite des Films wird vom bekannten Country-Song „Take Me Home, Country Roads“ dominiert. Das Lied zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Handlung und wird von der Protagonistin, die sich an einer japanischen Übersetzung des Songs für den Schulchor versucht, mehrfach angestimmt.
Alles in allem ist Stimme des Herzens – Whisper of the Heart ein toller Film, der sowohl Ghibli-Fans als auch Neulinge begeistern dürfte.
Film auf Disk bestellen:
Stimme des Herzens – Whisper of the Heart Amazon
Folgt mir auf FB: Anime4Life