Omoide Poroporo ist ein Anime von Studio Ghibli, welcher 1991 erschien. Die deutsche Version wird von Leonine Anime und Netflix lizenziert und zu Tränen der Erinnerung: Only Yesterday umbenannt. Der Film kann im Handel erworben werden. Dieser Anime wird hauptsächlich als Alltagsdrama, Komödie und Romanze weiterempfohlen.
Handlung:
Taeko, die schon seit ihrer Geburt in Tokio lebt, möchte die Großstadt für ein paar Tage verlassen, um Urlaub auf dem Land zu machen. Als Kind wollte Taeko schon immer gern Ferien in der Natur machen, doch kam es nie dazu. Ihre Schwester Nanako schlägt vor, dass sie die Familie ihres Ehemannes besuchen könnte, da dieser ursprünglich aus einer Bauernfamilie der Präfektur Yamagata im Norden Japans, entstammt. Zwar ist ihre Familie dafür, dass sie bald heiratet und Kinder bekommt, doch Taeko will sich Zeit lassen und den Richtigen finden.
Im Grunde ist sie mit ihrem Leben zufrieden, doch es scheint als würde ihr etwas ganz bestimmtes im Leben fehlen. Auf dem Weg nach Yamagata erinnert sie sich an ihr Leben als junges Schulmädchen und die Ereignisse, die ihr Leben stark geprägt haben. Der Ausflug aufs Land wird zu einem Dialog zwischen ihrer Jugend und dem Hier und Jetzt. Was ist aus dem Mädchen von damals geworden? Warum erinnert sie sich genau jetzt an all die Dinge? Wird sie auf dem Land bleiben wollen?
Synchronsprecher der deutschen Version:
Taeko Okajima = Angela Wiederhut
Taeko (jung) = Lara Wurmer
Toshio = Patrick Schröder
Taekos Mutter = Susanne von Medvey
Taekos Vater = Thomas Rauscher
Taekos Großmutter = Ruth Küllenberg
Nanako Okajima = Jana Schölermann
Yaeko Okajima = Gabrielle Pietermann
Tsuneko Tani = Melina Borcherding
Aiko = Luna Ragheb
Toko = Geraldine Haacke
Kazuo = Reinhard Brock
Bancha = Ursula Traun
Kiyoko = Angelika Bender
Naoko = Malika Bayerwaltes
Mein Fazit:
Isao Takahatas Anime ist eine bewegende Auseinandersetzung mit dem Erwachsenwerden. Der Altmeister des japanischen Trickfilms ist weniger auf fantastische oder actionreiche Elemente versessen, seine Werke sind von Realismus und Alltäglichkeit geprägt. Die Gedanken der jungen Heldin bilden das Fundament einer sentimentalen, aber keineswegs kitschigen Liebeserklärung an das Landleben von damals. Während die Geschichte zwischen den beiden Handlungssträngen hin und her springt, entfaltet sich ein gefühlvoll aufgebauter Dialog mit der Vergangenheit.
Es sind spontane Erinnerungen und Assoziationen, welche die Rückblenden ausmachen. Solche, die aufkommen, während man mit ganz anderen Tätigkeiten im hier und jetzt beschäftigt ist, die aber dann doch für das Unterbewusstsein in einem Zusammenhang stehen. Durch die Verknüpfung mit der Gegenwart wirken die Themensprünge plausibel und ziehen Vergleiche mit Taekos derzeitigem Leben. Im Vordergrund steht die Reise zu sich selbst, als auch Dinge, die in einer Welt, wo es um Fortschritt und Wohlstand geht, verloren gegangen sind.
Nach einem leichten Einstieg konzentriert sich die Handlung auf die persönliche Entwicklung einer berufstätigen Frau, die unzufrieden mit ihrem Leben ist. Gegen den Willen ihrer Familie, die eigentlich die Meinung vertritt, das sie so langsam aber sicher endlich heiraten sollte, kehrt sie zehn Tagen dem geschäftigen Treiben der Großstadt den Rücken zu, um bei Verwandten ihres Schwagers bei der Ernte zu helfen. Dort begegnet sie dem jungen Toshio, mit dem sie viele ihrer Kindheitserinnerungen teilt, die natürlich nicht nur glückliche sondern auch schmerzhafte Momente aus ihrem Leben beinhalten.
So erfährt man unter anderem von ihrer ersten Liebe, man erhält Einblicke in das strenge Familienleben – darunter fällt auch das Mobbing der eigenen Mutter und Schwester – und wie schwer die Schulzeit für sie gewesen sein muss. Die Samen der frühen Vergangenheit wachsen und blühen immer weiter in unseren Köpfen, manche haben Dornen und stechen leicht. Andere leuchten in strahlenden Farben, auch wenn ihre Verpflanzung unter schwindendem Sonnenlicht stattfand. Die Kindheit prägt und verfolgt uns unser gesamtes Leben lang. Nicht ohne Grund stellen wir ständig unser bisheriges Leben in Frage und denken über den Sinn des Lebens nach.
Allgemein legt der Film großen Wert darauf, einen tatsächlich realistischen Blick auf die Kindheit und eine sich daran erinnernde Frau zu werfen. Mir selbst hat sich nicht erschlossen wieso dieser Anime so überraschend unbekannt ist. Klar, er ist sehr ruhig und ohne jegliche Form von Ecchi und Action, doch der „Geist“ der vergangenen Jahre wird perfekt in Szene gesetzt. Aus kultureller Sicht fällt es mir natürlich schwer die Kindheit von Taeko auf mich selbst zu übertragen, doch erkenne ich tausende Parallelen aus meiner eigenen Kindheit.
Von der ersten Sekunde an merkt man, dass der Film im Gegensatz zu den Vorgängern mehr für Erwachsene ausgelegt ist. Kleinkinder werden die Geschichte, welche vom Erwachsenwerden eines Mädchens und diversen Vergleichen zwischen dem Land- sowie dem Stadtleben erzählen, nicht verstehen und schnell durch den ruhigen und langsamen Erzählstil gelangweilt sein. Hier spielt das Studio Ghibli natürlich gewaltig mit dem Nostalgie-Bonus der Zuschauer.
Die interessantesten Szenen des Films finden sich zweifelsohne in der Vergangenheit – es macht einfach Spaß, die Erinnerungen von Taeko mitzuerleben. Ich persönlich musste während und auch nach den Film an meine eigene Schulzeit und die damit verbundenen Probleme denken. Das Alter merkt man dem Film keinesfalls an. Die Zeichnungen sind im typischen Ghibli-Stil und verleihen der Story ihren ganz eigenen Charme. Interessant ist wie Takahata die unterschiedlichen Zeitebenen visuell voneinander trennt.
Das „heute“ erstrahlt in satten Farben, prächtigen Landschaften und zahlreichen Details, welche die Szenerie schmücken – während die Vergangenheit eher in einem etwas „muffig“ wirkenden 60er-Jahre-Stil dargestellt wird. Sowohl das „heute“ als auch die Vergangenheit wirken tadellos in Szene gesetzt. Taeko ist keine „Anime-typische“ Schönheit und bietet teilweise doch extrem realistische Züge. Ich schätze das macht ihre Rolle noch charmanter und ihre Geschichte glaubhafter. Es sind die kleinen Gesten und die genauen Beobachtungen, welche die melancholische Atmosphäre des Films prägen.
Der Sound ist gut abgemischt, die Gespräche wirken sauber und klar. Die Synchronsprecher wurden passend ausgewählt und bieten eine facettenreiche Darstellung ihrer Arbeit. Hauptsache der Zuschauer bringt genug Zeit mit um sich den Film in Ruhe ansehen zu können.
Wer sich auf die Story einlassen kann, wird mit einen wunderschönen Film belohnt. Dieser Film sollte in keiner Ghibli-Sammlung fehlen! Mehr kann ich dazu nicht sagen: ein wirklich tolles Werk!
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Tränen der Erinnerung: Only Yesterday Amazon
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