Sen to Chihiro no Kamikakushi ist ein Anime von Studio Ghibli, welcher 2001 erschien. Die deutsche Version wird von Leonine Anime, Frenetic Films AG und Netflix lizenziert und zu Chihiros Reise ins Zauberland umbenannt. Der Film kann im Handel erworben werden. Dieser Anime wird hauptsächlich als Geistergeschichten, Abenteuer, Drama, Fantasy und Romanze weiterempfohlen.
Handlung:
Das zehnjährige Mädchen Chihiro Ogino ist gar nicht begeistert mit ihren Eltern von Tokio in einen kleinen Vorort umzuziehen, da sie sich von all ihren Freunden verabschieden muss. Auf dem Weg zu ihrem neuen Zuhause verirrt sich die Familie und stößt auf einen geheimnisvollen Tunnel. Sie wissen nicht, dass sich auf der anderen Seite des Tunnels die Zauberwelt Aburaya befindet. Während Chihiro die mysteriöse Gegend erkundet, machen sich ihre Eltern gierig über das bereitstehende köstliche Essen in einem Restaurant her. Auf ihrem Weg trifft sie auf einen Jungen namens Haku, welcher sie davor warnt noch nach Einbruch der Dunkelheit hier zu sein.
Doch die Warnung kam zu spät – als Chihiro zu ihren Eltern zurückkehrt, muss sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass diese sich in Schweine verwandelt haben und ihre eigene Tochter nicht wiedererkennen. Verwirrt und voller Furcht kann sie schnell auf die Hilfe des jungen Hakus zählen, der sie durch die fremde Welt begleitet. Um die Eltern von ihrem Fluch erlösen zu können, muss sie in den Dienst der bösen Hexe Yubaba treten, die nicht nur die Zauberwelt von Aburaya beherrscht, sondern Herrin über ein riesiges Badehaus ist, in dem sich erschöpfte Götter und Geister erholen und reinigen können. Nun liegt es an Chihiro, den Fluch aufzuheben und zu entkommen. Wie kann sie sich selbst und ihre Eltern befreien? Wird sie sich im richtigen Moment an ihren Namen erinnern können? Werden sie Aburaya gemeinsam verlassen können?
Synchronsprecher der deutschen Version:
Chihiro Ogino = Sidonie von Krosigk
Haku = Tim Sander
Yubaba = Nina Hagen
Bou = Maximilan Belle
Lin = Cosma Shiva Hagen
Kamaji = Fred Maire
Ohngesicht = Axel Malzacher
Akio Ogino = Michael Brennicke
Yuuko Ogino = Elisabeth Günther
Flussgott = Hartmut Neugebauer
Zeniba = Nina Hagen
Baumfrosch = Benedikt Weber
Aufseher = Michael Rüth
Chichiyaku = Hartmut Neugebauer
Aniyaku = Dirk Galuba
Badefrau = Anke Korte
Badefrau = Shandra Schadt
Badefrau = Susanne Wirtz
Badefrau = Sonja Beck
Froschmann = Gudo Hoegel
Frosch = Niko Macoulis
Frosch = Bernd Simon
Frosch = Matti Klemm
Frosch = Gerhard Jilka
Mein Fazit:
Chihiros Reise ins Zauberland ist ein traumhafter Film voller Magie und Poesie. Wunderschöne Bilder und eine sprühende Fantasie machen ihn zu einem Erlebnis für die ganze Familie – dieser Film sollte in keiner Sammlung fehlen! Es fühlt sich an wie die japanische Variante von Alice im Wunderland. Ein junges Mädchen gerät durch einen Tunnel in ein Wunderland und muss sich mit den dortigen Bewohnern auseinandersetzen, die sowohl freundlich als auch bösartig sein können.
Als der Film von Regisseur Hayao Miyazaki im Jahr 2003 mit dem Oscar als bester animierter Film ausgezeichnet wurde, war das Studio Ghibli dem weltweiten Publikum endgültig ein Begriff – und das völlig zurecht! Kein Wunder, dass der Film in Japan alle Kassenrekorde brach – doch die Japaner sind oft verblüfft, wenn man ihnen erzählt, dass der Film auch im Ausland auf begeistertes Publikum stößt. Mit diesem Werk hat der japanische Trickfilm eine neue Dimension erreicht. Vielleicht ist es die Vielschichtigkeit, welche Hayao Miyazakis Filme so erfolgreich und besonders machen, dass man sie sich wieder immer und wieder ansehen kann.
Nach Prinzessin Mononoke hatte er nicht vor einen weiteren Film zu produzieren, da er den kleinen Künstlern nicht im Wege stehen wollte. Zu unserem Glück wurde sein angestrebter Ruhestand um ein paar Jahre verschoben. Chihiros Geschichte widmete er einem pubertierenden Mädchen aus seinem Bekanntenkreis. Dieser Film sollte ihr Kraft spenden um die durchwachsene Zeit als Teenager zu meistern. Mich hat diese fantasievolle Story sofort in seinen Bann gezogen. Mit den wunderschönen Bildern, tollen Animationen, liebevoll gestalteten Figuren und einer Menge Fantasie gelingt es dem Regisseur die Zuschauer für ein Zauberland voller Geister, Götter, Hexen und Zauberer zu begeistern. Besonders gut gefielen mir die skurrilen Gestalten, bei denen man oft nicht unterscheiden konnte, ob sie gut oder böse sind.
Sobald wir einen Fuß über die Schwelle des Vergnügungsparks setzen, wirkt der Zauber und entführt uns in eine komplett andere Welt. Auf unserer Reise durch Aburaya begegnen uns einige bekannte Wesen aus den früheren Ghibli-Filmen. Seid gespannt und schaut genauer hin! Es gibt so viel zu entdecken! Man gerät regelrecht in einen Sinnes-Rausch. Am Ende des Tages ist Chihiros Reise ins Zauberland ein zeitloser Anime, welcher von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen genossen werden kann, da der Film eine für alle Altersgruppen taugliche Geschichte über Liebe, Selbstfindung, Familie und den Glauben an sich selbst erzählt. An dieser Stelle sei allerdings erwähnt, dass die Altersfreigabe “Ohne Altersbeschränkung” etwas gewagt erscheint.
Auch wenn dieser Film ohne Zweifel pädagogisch wertvoll und warmherzig ist, könnte manch düstere und fremdartige Szene sehr kleine Kinder erschrecken. Alle Lektionen und Botschaften wurden von den Machern behutsam heraus gearbeitet und gut verpackt. Die Zuschauer werden zu keinen Zeitpunkt bedrängt und es wird genug Raum für eigene Interpretationen angeboten. Man erhält genug Zeit, um in dieser Welt zu leben, zu atmen und zu entdecken. Auf Tumblr befindet sich folgendes Zitat: „Disney-Filme berühren das Herz, aber Studio Ghibli-Filme berühren die Seele.“ So schmalzig das auch klingt, es ist wahr. Im selben Atemzug werden wir tief in die wunderschöne Welt der japanischen Phantastik und Mythologie entführt.
Der Umgang mit Natur und Mensch, Fortschritt und Tradition sind wichtige Themen in der japanischen Kultur. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es für Kinder schwierig wird die Parallelen zu erkennen. Eines kann ich euch mit Sicherheit sagen – sie lassen sich in eine Welt voller fantastischer Wesen entführen und fiebern tatkräftig mit Chihiro und ihren Freunden mit. Die nächsten Zeilen widme ich den Erwachsenen, die gern mehr über die damalige Zeit und Hintergründe erfahren möchten.
Mir wurde zuerst das Spiel mit den Doppelungen bewusst. Dies machte sich entweder durch zweifache Identitäten (Haku als Junge und Drache), Verwandlungen (Chihiros Eltern) oder durch die Existenz einer Zwillingsschwester deutlich. Diese Dopplungen verweisen auf die Dualität der Welt, in der wir leben. Durch die verschiedenen Gegensatzpaare wie Vernunft/Gefühl, Bewusstsein/Unterbewusstsein und Realität/Fantasie werden diese zum Ausdruck gebracht. Wie Chihiro selbst ist sich auch der Zuschauer nie sicher, was hier Traum und Wirklichkeit ist, wer Freund und Feind, wo Bedrohung und Hilfe zu sein scheint. Im Verlauf wird Chihiro als ein modernes Mädchen vorgestellt, welches mit der traditionell japanischen Götterwelt konfrontiert wird.
Der Film thematisiert z.B. zwei der 7 Todsünden: die Gier und Völlerei. Yubaba gibt dies als Grund an, warum sie Chihiros durchschnittliche Eltern in Schweine verwandelt hat. Die Szene mit dem Ohngesicht kann als generelle Kritik an die Gier der Menschen aufgefasst werden. Das unscheinbare Wesen verspricht den Angestellten Gold gegen Dienstleistung und schafft ein grauenhaftes Szenario. Die Wesen werden von ihrer Gier getrieben und vertrauen einem Fremden ohne jegliche Zweifel zu besitzen. Die Gier führt das Szenario sogar soweit, dass keine Grenzen mehr gewahrt werden und jeglicher Respekt verloren geht.
Im Film wird dieses Verhalten aufgedeckt und bestraft, indem das Ohngesicht einige von ihnen auffrisst. Zeitgleich erhalten wir mit dieser Kritik einen Hinweis auf den vorherrschen Kapitalismus in der modernen japanischen Kultur. Das Umweltthema wird ebenfalls von Miyazaki angesprochen, wenn auch nur oberflächlich. Für dieses Thema wurde ein schlammiges und stinkendes Monsters ausgewählt, welches Chihiro säubern soll. Nachdem dieser vermeintliche Faulgott gereinigt wurde, kamen Tonnen von Menschen produzierten Müll zum Vorschein.
Diese Verschmutzung quälte den Flussgott schwer und verschleierte seine wahre Gestalt über eine lange Zeit. Die Shinto-Religion kommt keinesfalls zu kurz und nimmt in der Geschichte einen wichtigen Platz ein. Anfangs wird dies in der realen Welt nur durch winzige Shinto-Schreine angedeutet. In Aburaya dagegen begegnen wir einer Vielzahl von Göttern und Geistern. Diese Religion wird stark durch die Angst einer Verunreinigung geprägt und kann nur durch eine rituelle Waschung beseitigt werden. Tat man das nicht, bekam man den Zorn der Geister und Götter zu spüren.
Die Parallelen zum Film sind offensichtlich, da der Handlungsort eine Badeanstalt für die Kami darstellen soll. Tatsächlich gibt es noch eine weitere Bedeutung für die Benutzung einer Badeanstalt. Badehäuser wurden im früheren Japan auch als Bordelle betrieben. Die Bordellleiterin wurden mit Yubaba angesprochen. Aus diesem Grund bekam die Hexe, welche das Badehaus im Film leitet, ihren Namen. Die Angestellten des Badehauses sowie Prostituierte wurden als Yuna bezeichnet. Bis heute ist es noch immer üblich, dass Prostituierte ihren Namen ändern und eine zweite Identität erschaffen.
Die Moral zu der Geschichte lautet, dass Japan sowie Chihiro lernen müssen beide Welten zu akzeptieren, da sie nur parallel existieren können. Veränderungen und Kompromisse gehören zum Alltag aller Lebewesen. Das Erwachsenwerden der Hauptfigur steht im Zentrum, während die mystische Umwelt im Zauberland metaphorisch auch für unsere komplizierte Gesellschaft aus der Sicht eines Kindes stehen mag. So reift die zehnjährige Chihiro zu einem selbstständigen und selbstsicheren Mädchen heran. Chihiro, die anfangs noch kindlich zurückhaltend und unsicher wirkt, überwindet später stark und entschlossen auftretende Hindernisse ohne jegliche übernatürliche Fähigkeiten zu besitzen.
Regisseur Miyazaki präsentiert Chihiro als kleine Heldin in einer Welt, in der alle nur an sich selbst denken. Sie verfällt als Einzige nicht dem Rausch des Goldes und setzt sich mit Mut und Entschlossenheit für die Rettung ihrer Eltern ein. Das Vergessen des eigenen Namens im Zuge der Arbeit im Badehaus der Hexe Yubaba, mag als Anspielung auf die fast erzwungene Glätte und Identitätslosigkeit in modernen Schulsystemen verstanden werden. Yubaba hortet nicht nur ihre Schätze, sondern auch die Namen ihrer Arbeiter. Sie reißt sich diese im wahrsten Sinne des Wortes unter den Nagel. Chihiros Namen wird durch eine Nummer ausgetauscht, was als grausamer Akt der Entmenschlichung gedeutet werden kann. Ohne Erinnerungen, sowohl die eigenen als auch die anderer Menschen, verliert ein Leben schnell seinen Sinn und geht im wahrsten Sinne des Wortes verloren.
Yubaba bleibt bis zum Schluss eine hinterhältige Widersacherin, die nicht gestürzt oder geläutert wird. Schließlich erzählt man uns eine Geschichte über ein Mädchen, das wegen eines Umzugs denkt, dass ihre Welt zusammenbricht. Sie betrachtet den Verlust ihrer Freunde als einen Verlust eines Teils ihrer Persönlichkeit. Veränderungen ängstigen sie, am liebsten möchte sie alles so belassen, wie es ist und ihr gewohntes Leben weiterführen.
Unsere Lebensumstände verändern sich ständig und werden durch unsere Umwelt nachhaltig beeinflusst. Vor allem für Kinder ist dieser Umstand mehr als schwer und benötigt ein wenig Eingewöhnungszeit. Bis diese abgeschlossen ist, gibt es meist heftigen Widerstand. Doch Miyazaki treibt diese Idee noch weiter ins Fantastische. Man beraubt sie ihrer Eltern und den eigenen Namen. Sie betritt eine Unterwelt in der die alte Chihiro endet und eine neue Chihiro aufsteigt. Symbolisiert wird dies durch einen langen dunklen Tunnel, welcher durch den „Vergnügungspark“ betreten und verlassen wird.
Sie nimmt alle Kraft und Mut zusammen und stellt sich ihrer selbst erwählten Aufgabe, ihre Eltern zu retten. Sie bemerkt, dass in ihr weitaus mehr steckt, als sie jemals vermutet hätte. Sie lernt Entscheidungen zu treffen, sich Problemen zu stellen und sich für andere einzusetzen. Gleichzeitig wird ihr bewusst, dass hinter so manch einem ungewöhnlichen und furchteinflößenden Äußeren durchaus menschliche Züge zu finden sein können: Angst, Neid, Gier, Herrschsucht, sowie Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft werden sie auf ihrem Weg immer wieder begleiten. Diese Erkenntnisse lassen die beängstigenden Fremden zu etwas Bekanntem werden, ihr ungewöhnliches Aussehen wird immer vertrauter.
Der erste verstörende Eindruck schwindet zunehmend. Eine Sache fiel mir gleich zu Beginn der Geschichte auf: Gut und Böse sind weit weniger klar als in den bisher bekannten Geschichten. Nicht jeder hat die besten Beweggründe, doch gibt es in der Geschichte keinen wirklich bösen Charakter. Jeder hat eine gute Seite oder zumindest das Potential dazu. Hexe Yubaba ist eines der besten Beispiele. Man kann also sagen, es gibt keine klassischen Rollenverteilungen. Kein Pro- oder Antagonist bleibt auf der Strecke. Jeder Charakter wurde exzellent herausgearbeitet und findet sich inmitten des Plots an ihren angedachten Plätzen wieder, wodurch eine Identifikation und ein Mitfühlen zu keinem Zeitpunkt schwer fällt.
Auf ihrer Reise trifft sie viele Fremde, die eigentlich nie zu 100% durchschaubar sind und im Verlauf des Films andere Facetten aufzeigen können. Das gibt mir als Zuschauer ein Gefühl der Authentizität. Wir Menschen befinden uns immer im Zwiespalt. Wir treffen eigene Entscheidungen oder lassen uns täuschen. Der Film spiegelt diese enorme Komplexität gut wieder und bietet dabei nicht diesen gewissen „Kitsch“. Das Ende kann man ebenfalls als ziemlich rund bezeichnen.
Auf der optischen Ebene beeindruckt der Anime durch den zeitlosen Stil der Ghilbi Filme. Selbst der Einsatz von CGI hat keine negativen Auswirkungen, da der Großteil auf traditionellen Wege entstand. Jeder einzelne Strich wurde mit einer unglaublichen Liebe fürs Details bearbeitet und alleine die Vielfalt an Charakterdesigns, welche die verschiedenen Götter mit sich bringen, ist beeindruckend. Durchgehend wird dem Zuschauer ein gestochen scharfes Bild geboten, dessen Detailwiedergabe keine Wünsche offen lässt. Davon profitieren nicht nur die animierten Figuren, sondern auch die opulent gestalteten Hintergründe.
Die Sprecher wurden alle perfekt gecastet. Wie gewohnt, stehen die Stimmen im Zentrum und wirken nie erdrückend bzw. zu dominant. In der deutschen Version leihen Prominente wie Nina Hagen und Cosma Shiva Hagen den Figuren ihre Stimmen.
Der Soundtrack, komponiert von Joe Hisaishi, unterstreicht die unterschiedlichen Stimmungen des Films perfekt und fügt sich immer äußerst wohltuend in jede Szene ein. Ob nun ruhige oder actionreiche Szenen, ob Dialog, Kampf, Flucht oder Erkundung, seine variantenreichen Kompositionen decken jede Situation, jede Emotion hervorragend ab und bieten dem Zuschauer somit eine musikalische Auffrischung der Haupthandlung.
Jeder Skeptiker oder jeder, der diesen Film noch nicht gesehen hat, sollte das umgehend nachholen. Begebt euch mit Chihiro auf die Reise und ihr werdet merken, ob ihr euch dafür begeistern könnt oder nicht…
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Chihiros Reise ins Zauberland Amazon
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